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Erhöhter Wildwechsel im Herbst: Individuelle und planerische Maßnahmen

Das Bild von Wildtieren im Scheinwerferlicht ist vielen Autofahrern wohl nur allzu vertraut. Kommt es zur Kollision, endet dies für das Wildtier meisten tödlich, kann jedoch besonders bei größeren Tieren auch für den Autofahrer schnell (lebens)bedrohlich werden. 


 

Besonders in der dunklen Herbstzeit steigt das Risiko für Wildunfälle deutlich an. Die Brunft von Dam- und Rotwild ist in vollem Gange, das Futterangebot schrumpft und abgeerntete Felder bieten kaum noch Unterschlupf. Dies führt zu verstärkten Wanderbewegungen der Tiere. Besonders in der Morgen- und Abenddämmerung, wenn das Wild am aktivsten ist und die Sichtverhältnisse für den Menschen ungünstig sind, erhöht sich die Unfallgefahr. Ein zusätzlicher Risikofaktor ist die Zeitumstellung: Der Berufsverkehr fällt abrupt in die Dämmerungsstunden, was zu einem ca. 10%-igen Anstieg der Wildunfälle führt. Auch im Frühjahr kommt es zu einer erhöhten Wildbewegung und die Zeitumstellung sorgt erneut dafür, dass der Berufsverkehr in die Morgendämmerung fällt. Das höchste Unfallrisiko ist somit von April – Mai und Oktober – Dezember zu erwarten.

Abbildung 1: Wildunfallstatistik im Jagdjahr 2022/2023 gerundet auf 10er (DJV 2024: https://www.jagdverband.de/zahlen-fakten/jagd-und-wildunfallstatistik/wildunfallstatistik; aufgerufen am 27.11.2024)


Im Jagdjahr 2022/2023 wurden in Schleswig-Holstein etwa 17.210 Wildunfälle erfasst, bundesweit waren es rund 232.370 Fälle (vgl. Abb. 1). Dabei bezieht sich die Statistik jedoch nur auf Unfälle mit Rehwild, Damwild, Rotwild und Schwarzwild. Es wird davon ausgegangen, dass die Dunkelziffer etwa das Fünffache umfasst. Dabei bleibt noch unberücksichtigt, dass Unfälle mit kleineren Säugetieren wie Hasen, Füchsen oder Marderartigen nicht erfasst werden. Auch die zahlreichen Kleinsäuger, Vögel, Amphibien und Reptilien, die im Straßenverkehr ihr Leben verlieren, geraten häufig in Vergessenheit. Mehr zu diesem Thema kann in diesem Blogbeitrag nachgelesen werden.


 

Niemand kann Wildunfälle gänzlich ausschließen, aber es gibt einige Verhaltensweisen, die das Risiko minimieren können:

  1. Langsam fahren in Risikozonen: Besonders in der Nähe von bekannten Wildwechseln, Waldstücken und bei Dämmerung sollte das Tempo reduziert werden. Das Tempo in der Dämmerung und Dunkelheit von 100 km/h auf 80 km/h abzusenken, kann den Bremsweg schon um 25 Meter verkürzen.

  2. Vorausschauendes Fahren: Sollten am Straßenrand die reflektierenden Augen eines Wildtieres erkannt werden, sollte man abbremsen, Fernlicht ausschalten und hupen.

  3. Tiere kommen selten allein: Wenn ein Wildtier die Straße überquert, folgen häufig weitere Tiere.


Kommt es doch mal zu einem Unfall sind folgende Verhaltensregeln zu beachten:

  1. Unfallstelle absichern

  2. Polizei informieren: Bei einem Wildunfall ist es Pflicht, die Polizei zu verständigen. Diese wird auch den zuständigen Jagdpächter oder Förster benachrichtigen. Auch wenn das Tier weiterläuft! Keine eigenständige Nachsuche durchführen!

  3. Verletzte Tiere nicht berühren: Aus Sicherheitsgründen sollte man sich verletzten Wildtieren nicht nähern. Sie könnten unberechenbar reagieren und eine Gefahr darstellen.



Es bleibt zu bedenken, dass die Wildtiere die Straßen nicht als Grenze wahrnehmen, sondern dass unsere Straßen durch ihren Lebensraum verlaufen und sie gezwungen sind, über die Straßen zu wechseln, um diesen nutzen zu können. Daher sind auch eine Reihe planerischer Maßnahmen sinnvoll, um Wildunfälle im Vorhinein zu vermeiden und vermindern:


  1. Wildbrücken und Grünbrücken: Diese Überführungen ermöglichen es Tieren, sicher über stark befahrene Straßen zu gelangen. Sie sind mit natürlicher Vegetation bepflanzt, um die Tiere anzulocken und ihnen eine vertraute Umgebung zu bieten. 

  2. Wildunterführungen: Ähnlich wie Brücken, aber unter der Straße verlaufend. Diese sind besonders effektiv für kleinere Tiere und in Gebieten, wo eine Überführung nicht möglich ist. 

  3. Wildschutzzäune: Entlang von Autobahnen und Schnellstraßen können hohe Zäune installiert werden, um Tiere von der Fahrbahn fernzuhalten. Diese sollten mit Unterkriechschutz ausgestattet sein, um auch kleinere Tiere abzuhalten. 

  4. Reflektoren und optische Warnsysteme: An Straßenrändern angebrachte Reflektoren können das Licht der Autoscheinwerfer in den Wald reflektieren und Technologien dazu beitragen, die Zahl der Wildunfälle erheblich zu reduzieren und sowohl die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer als auch den Schutz der Wildtiere zu verbessern. so Tiere abschrecken. 

  5. Wildwarngeräte: Akustische Signale, die durch den Fahrtwind aktiviert werden, können Tiere warnen und von der Straße fernhalten. 

  6. Habitatmanagement: Durch gezielte Landschaftsplanung kann man Wildtiere von Straßen fernhalten, indem man attraktive Lebensräume und Nahrungsquellen in sicherer Entfernung schafft. 

  7. Geschwindigkeitsbegrenzungen: In bekannten Wildwechselgebieten können temporäre oder dauerhafte Geschwindigkeitsbegrenzungen eingeführt werden, besonders in der Dämmerung und nachts. 

  8. Intelligente Warnsysteme: Moderne Technologien wie Wärmebildkameras und Bewegungssensoren können Autofahrer in Echtzeit vor Wildtieren auf der Straße warnen. 

  9. Waldrandgestaltung: Durch die Schaffung von Sichtachsen entlang der Straßen können Autofahrer Tiere früher erkennen und Wildtiere die herannahenden Fahrzeuge besser wahrnehmen. 

  10. Querungshilfen für Amphibien: Spezielle Tunnel und Leiteinrichtungen können insbesondere während der Wanderungszeiten von Fröschen und Kröten helfen, Unfälle zu vermeiden. 


Diese planerischen Maßnahmen können in Kombination mit Aufklärungskampagnen und verbesserten Fahrzeugtechnologien dazu beitragen, die Zahl der Wildunfälle erheblich zu reduzieren und sowohl die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer als auch den Schutz der Wildtiere zu verbessern.


Alles Fotos in diesem Beitrag: ALSE GmbH


Quellen

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